Nico Roller

Steiner Heynlinschule startet Zirkusprojekt / Von erster bis achter Klasse sind alle Schüler dabei

Die Schüler balancieren auf einem dünnen Stahlseil, steigen sich auf dem Trapez in luftiger Höhe gegenseitig auf die Schultern, jonglieren mit Bällen, drehen Teller auf einem Stock in der Luft, rennen als Clowns wild durch die Manege, bauen menschliche Pyramiden und verausgaben sich beim Bodenturnen. Auf dem Pausenhof der Steiner Heynlinschule wird fleißig geübt. Dort ist das große Zelt des Zirkus Piccolo aufgebaut gewesen, der den Schülern eine ganze Woche lang jede Menge über Artistik, Akrobatik und Clownerie beigebracht hat, alles in lockerer Atmosphäre und komplett ohne Leistungsdruck. Trotzdem geben die Schüler ihr Bestes. Schließlich hat es am Wochenende fünf Galavorstellungen gegeben, bei denen sie ihr Können der Öffentlichkeit präsentierten. Für die Kinder sei es ein tolles Gefühl, wenn die Zuschauer am Ende der Aufführung jubeln, sagt Alexandra Riedesel.

Sie weiß das, denn sie ist selbst Artistin und seit Kindertagen im Zirkus aktiv. In der kalten Jahreszeit tritt sie in der Manege auf, unter anderem mit Akrobatik im Netz. In den warmen Monaten arbeitet sie bei Zirkusprojekten mit Kindern und Jugendlichen. „Für mich ist das eine tolle Abwechslung.“

Insgesamt sind an der Steiner Heynlinschule mehr als 300 Kinder und Jugendliche dabei – und damit alle von der ersten bis zur achten Klasse. In mehreren, altersgemischten Gruppen studieren sie im Zirkuszelt unter Riedesels Anleitung ihre Nummern ein. Clara (9) macht Akrobatik am Trapez und auf dem Seil. Sie ist das erste Mal bei einem Zirkusprojekt und sagt: „Das macht mir viel Spaß.“ Florian (12) gehört zur Clown-Gruppe und dreht Teller. Seine Meinung: „Das war richtig gut.“ Maxi (9) jongliert – und achtet dabei immer darauf, dass der Ball in seinen Händen landet und nicht davonrutscht. „Ich musste schon ein bisschen üben, aber dann hat es gut geklappt.“ Samira (12) zeigt ihr Können am Trapez, obwohl sie zunächst Höhenangst hatte. Zunächst, wohlgemerkt, denn: „Am Ende war das kein Problem.“ Wichtig sei, immer das Gleichgewicht zu halten. Alexandra Riedesel weiß: „Man muss die Schüler schon ein bisschen anfeuern, damit sie sich etwas trauen.“ Aber dann kämen nach einer Weile verborgene Talente zum Vorschein. „Es ist toll, zu sehen, wie die Kinder aus sich rauskommen.“ Das beobachtet auch Stefanie Mühlschlegel. Die Konrektorin der Heynlinschule sieht in dem Zirkusprojekt einen wichtigen Beitrag zur Persönlichkeitsbildung der Schüler, die dadurch neue Kompetenzen erwerben und lernen, ungewohnte Herausforderungen zu meistern. „Sie können hier über sich hinaus wachsen.“

Mühlschlegel sagt, das sei schon etwas anderes als der normale Schulbetrieb. Sie und ihren Lehrerkollegen legen großen Wert darauf, dass zur Schule nicht nur Lernen und Leistung gehören, sondern auch das gemeinsame Erleben. Letzteres sei in den vergangenen beiden Jahren leider etwas kurz gekommen. Geplant war das Zirkusprojekt ursprünglich schon für den Sommer 2020, doch dann musste es wegen der Corona-Krise zweimal verschoben werden. „Ich bin so dankbar, dass es jetzt stattfinden kann“, sagt Mühlschlegel: „Die Schüler haben sich alle riesig gefreut.“ Mühlschlegel freut sich über die 17 Sponsoren und über die „super engagierten Eltern“, die seit März mit den Vorbereitungen beschäftigt sind. Und natürlich über den Förderverein der Schule, der das ganze Zirkusprojekt überhaupt erst möglich gemacht hat. „Das steht unter einem super guten Stern dieses Jahr.“ 2004 ist der Zirkus zum ersten Mal an der Steiner Heynlinschule gewesen – und seither immer wieder. Ziel ist es laut Mühlschlegel, dass er mindestens alle vier Jahre kommt, damit jedes Grundschulkind in seiner Schulzeit einmal daran teilnehmen kann. – Nico Roller